Aufstellung Innerer Truppen („Bereitschaften“)

Am 31. März 1955 beschloss die Sicherheitskommission des Politbüros des ZK der SED die Aufstellung von Inneren Truppen für den Einsatz im Innern der DDR und für Sicherungsaufgaben.
Im April 1955 wurde deshalb im Ministeriums des Innern, vermutlich im Staatssekretariat für Staatssicherheit, mit dem Aufbau von Einheiten der Bereitschaftspolizei in khakifarbenen Uniformen und mit militärischen Dienstgraden begonnen. Nur ein geringer Teil des Personalbestandes der zu dieser Zeit weiter bestehenden VP-Bereitschaften der HVDVP wurde in die Bereitschaftspolizei versetzt. Gleichzeitig nahmen sowjetische Berater ihre Tätigkeit in den Einheiten auf. Am 24.11.1955 erfolgte die Wiederherstellung des MfS unter Ernst Wollweber durch Ausgliederung des SfS aus dem MdI.
Ab dem Frühjahr 1962, mit Übergang zum Wehrdienst, entwickelten sich daraus die bis zum Ende der DDR bestehenden VP-Bereitschaften und Dienststellen der "Kasernierten Einheiten des MdI".

Es entstanden S-Einheiten (rote Kragenspiegel) zur Bewachung von Betrieben und anderen Einrichtungen und
in gleicher Anzahl Mot.-Einheiten (violette Kragenspiegel), die Aufgaben zur Gewährleistung der inneren Sicherheit zu erfüllen hatten.

Die Einstellung erfolgte grundsätzlich zunächst in den Mot.-Einheiten. Erst nach einer Ausbildung erfolgte eine Versetzung zu den S-Einheiten.

Der Dienst in den S-Einheiten zur Sicherung der Wachobjekte erfolgte oft mit sehr wenig Kräften. "Die Angehörigen zogen jeweils sechs Tage hintereinander auf Wache, erhielten nach der letzten Wache Ausgang, führten am folgenden Tag Ausbildung durch und hatten dann einen Tag frei, bevor der genannte Ablauf von vorn begann. Urlaub wurde alle acht Wochen für zwei Tage gewährt, wozu die für Ausbildung und Dienstfrei vorgesehenen Tage der entsprechenden Woche zur Anwendung kam." Die ..." Unterkunftsbedingungen ließen zu wünschen übrig, da die zur Lösung der Wachaufgaben bezogenen Objekte erst ausgebaut werden mußten." [1] Zur vorrangigen Bewachung der Schächte und Anlagen der SDAG Wismut wurde eine Sicherungsbrigade der Bereitschaftspolizei aufgestellt, deren Stab sich in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz)befand.

Das Führungspersonal wurde durch die Einstellung von Offizieren der Kasernierten Volkspolizei/ KVP, der Übernahme von Absolventen der Lehrbereitschaft der HVDVP und durch Delegierung von Partei- und FDJ-Funktionären, Angestellten des Staatsapparates, Lehrer und andere geeignete Personen in diese Einheiten gestellt. Der letztgenannte Personenkreis wurde nach sechs- bis achtwöchiger Ausbildungszeit zum Offizier ernannt.

Eine Lehrbereitschaft wurde in Potsdam aufgestellt, die neben der Heranbildung von Unterführern auch Weiterbildungslehrgänge für Offiziere aller Dienststellungen durchführte.
Gleichzeitig erfolgte die Ausbildung von Offizieren an Lehreinrichtungen der KVP (NVA) und ab 1955 auch an der Frunse-Militärakademie in Moskau.

Rückunterstellung an das MdI und Umstrukturierung mit Beginn des Jahres 1957

Nach Auswertung der im Herbst 1956 durchgeführten Übung der Inneren Truppen des MfS mit katastrophalem Ergebnis fasste am 24. Januar 1957 das Präsidium des Ministerrates den Beschluß, die zeitweilig dem MfS unterstellte Bereitschaftspolizei, Deutsche Grenzpolizei und Transportpolizei mit Wirkung vom 1. Februar 1957 wieder in das Ministerium des Innern einzugliedern.
Die Einheiten der Bereitschaftspolizei wurden von allen Aufgaben zur Bewachung von Betrieben entbunden und die Wachobjekte zusammen mit Teilen des Personalbestandes an den Betriebsschutz der DVP übergeben.

Aus den Mot.- und S-Einheiten sowie Lehreinrichtungen entstanden zehn Bereitschaften einheitlicher Struktur und eine Lehrbereitschaft, die dem Kommando der Bereitschaftspolizei im MdI unterstellt wurden. Schwierigkeiten entstanden wegen der im Vergleich zum MfS bestehenden geringeren Besoldung.

Die in der HVDVP bestehenden Technischen Volkspolizei-Bereitschaften wurden aufgelöst und ein Teil der Kräfte und Mittel vom Kommando Bereitschaftspolizei übernommen.

Eine Bereitschaft bestand aus einem Stab und drei Abteilungen mit je vier Kompanien.
Die Abteilungen der jeweiligen Bereitschaft wurden jeweils in einem Bezirk untergebracht, manchmal auch verteilt auf drei Bezirke.

Die Bereitschaften erhielten die Aufgabe,
im Zusammenwirken mit den anderen Organen des Ministeriums des Innern:
- die öffentliche Ordnung und Sicherheit jederzeit zu gewährleisten,
- den sozialistischen Staat vor konterrevolutionären Umtrieben zu schützen,
- bei einem militärischen Überfall gemeinsam mit den bewaffneten Kräften das Territorium der DDR zu verteidigen,
- an der Vorbeugung, Abwehr und Bekämpfung von Katastrophen mitzuwirken und
- die Kräfte der Volkspolizei bei Ordnungs- und Sicherungseinsätzen zu unterstützen.

1958 bestätigte der Ministerrat der DDR die Dienstlaufbahnbestimmungen für die Angehörigen der Bereitschaftspolizei. Demnach betrug die Grunddienstzeit 3 Jahre. Für eine Ausbildung zum Unterführer war eine Verpflichtung für 5 und zum Offizier von mindestens 10 Jahre Dienstzeit erforderlich.
Außerdem beschloss der Ministerrat der DDR am 16. Januar 1958 an Bereitschaften Fahnen zu verleihen und den Wortlaut des Fahneneides.

Erst nach 1960 war es aufgrund der wirtschaftlichen Lage in der DDR möglich die Bereitschaften mit den erforderlichen Fahrzeugen, Pioniertechnik, KCB-Schutzausrüstung und weiterer Ausrüstungen auszustatten. Ebenso fehlten Garagen, Werkstätten, Ausbildungsanlagen und Lagereinrichtungen für Munition und andere materielle Mittel. Die vorhandenen Fahrzeuge, Waffen und andere Mittel wiesen infolge ihres Alters technische Mängel auf. Die Panzerspähwagen BA-64 hatten nur ein KTE von 0,5. Eine Veränderung trat mit dem 1960 begonnenen Ersatz durch den sowjetischen Schützenpanzerwagen BTR-152 und BTR-40 ein. Stark verschlissen war die Schützenbewaffnung mit dem Karabiner 44 und der MPi 41.

1959 entstanden Qualifikationsmerkmale für alle Offiziersdienststellungen. Beispielsweise mußte der Bereitschaftskommandeur einen Lehrgang für Regimentskommandeure sowie die Bezirksparteischule abgeschlossen haben, während sein Stellvertreter für politische Arbeit außer der vorgenannten militärischen Qualifikation den Besuch der Parteihochschule sowie langjährige Parteierfahrung nachweisen sollte.

Die Bereitschaftspolizei verfügte nicht über eine eigene Offiziersschule. Ab 1957 wurden die Offiziere an Lehreinrichtungen der NVA mit zunächst ein-, später zweijähriger Ausbildungszeit herangebildet. In der Lehrbereitschaft in Potsdam wurden außerdem ständig Weiterbildungslehrgänge für Offiziere durchgeführt. Erst Anfang der 60er Jahre begann in der Lehrbereitschaft die Ausbildung von Zugführern. Allerdings erfolgte in der Mehrzahl die Heranbildung zum Offiziere weiterhin an Schulen der NVA.

Die Ernennung zum Oberwachtmeister setzte prinzipiell eine sechsmonatige Ausbildung an der Lehrbereitschaft in Potsdam voraus. Hier wurden Unterführer in den benötigten Profilen ausgebildet.
Waffenwarte, Köche und weitere Angehörige der Rückwärtige Dienste, später als Versorgungsdienste bezeichnet, wurden in anderen Lehreinrichtungen der DVP ausgebildet.
In jedem Lehrgang wurden neun Kompanien Unterführer, davon 50 Prozent Gruppenführer für Schützeneinheiten und außerdem zwei Züge Funktruppführer, ausgebildet.

Im Frühjahr 1961 wurde die unter Oberstleutnant d.VP Hans Wahner, später Oberst d.VP, in der Garnision Basdorf stationierte Bereitschaft zur 1. Mot.-Brigade der Bereitschaftspolizei umstrukturiert, indem ihr Einheiten der Potsdamer, Magdeburger, Dresdener und Karl-Marx-Städter Bereitschaften sowie Pionierkräfte unterstellt wurden. Sie erfüllte wichtige Aufgaben bei der Sicherung der ca. 45 km langen Staatsgrenze innerhalb Berlins und führte ab dem 13. August 1961 in diesem Grenzverlauf den "Mauerbau" zusammen mit den Kampfgruppen ohne Beteiligung der Deutschen Grenzpolizei und Einheiten der NVA durch.


[1] Vgl. Historischer Abriß zum Aufbau und zur Entwicklung der Volkspolizei-Bereitschaften 1945-1985; Heinz Opitz u.a.; Berlin 1988, MdI der DDR S.49

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